1. Trans* Fachtag in Stuttgart

Bericht von Billy Nadji
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Mission TRANS*

Am 17.1.2024 fand im Alten Feuerwehrhaus Stuttgart der 1. Trans* Fachtag statt, organisiert von Mission TRANS* e.V. mit Unterstützung von MinaS.
Es nahmen nach Angaben der Veranstalter*innen 80 Menschen daran teil, die meisten davon selbst trans* und / oder nichtbinär.
Dr. Robin Bauer und damit sein Vortrag zu Rollenbildern fiel leider kurzfristig aus. Dennoch gab es ein breites Spektrum an Themen über den Tag verteilt, die in Form von Vorträgen, Workshops und einer Podiumsdiskussion angeboten wurden.
Nach einer Begrüßung durch Tanja Gemeinhardt und Alexander Häfner vom Mission TRANS*-Vorstand begann die Journalistin Janka Kluge den Fachtag mit dem Thema Selbstbestimmungsgesetz und trans*, inter*, agender und nichtbinäre (TIAN*) Rechte allgemein und die rege Beteiligung des Publikums zeigte, wie wichtig allen das Thema ist. Für den Aufruf einer Person aus dem Publikum zu Solidarität mit TIAN*-Menschen, die beispielsweise weil sie nichtbinär sind abgelehnt werden, gab es Applaus. Überhaupt war der ganzen Tag von einem guten Miteinander und einer sehr wertschätzenden, offenen Atmosphäre geprägt.

Eli Kappo, freier Autor und Bildungsreferent, war extra aus Hamburg angereist. Auch er plädierte für Zusammenhalt, Toleranz und Akzeptanz der individuellen (De-)Transitionswege. Er hielt einen Vortrag zur Forschung über das spannende Thema De_Transition. Da über dieses Thema selten so offen und sachlich gesprochen wird, nutzten so viele Zuschauende die Gelegenheit für Fragen, dass die Mittagspause etwas verkürzt werden musste.

Apropos Pause: es gab über den Tag immer wieder Pausen, in denen Zeit war für Austausch, um sich mit Getränken und Kuchen zu stärken oder an den vier Infotischen die unzähligen Flyer, Broschüren und Sticker zu trans*, inter*, agender und nichtbinären Themen zu begutachten und die interessantesten Exemplare mitzunehmen. Die meisten davon hatte Billy von MinaS organisiert, es gab natürlich auch MinaS Flyer und es sind noch viele Materialien übrig für das erste MinaS-Treffen.

Nach dem Mittagessen konnten auch die Räume im 1. Stock genutzt werden und so hatten die Teilnehmenden die Qual der Wahl zwischen verschiedenen interessanten Workshops:
Mit Ariel Gerlach, ausgebildetern Theaterwissenschaftlere und Regisseurern im Workshop „Humor und Trans*“ Lachen und Witze daraufhin analysieren, ob sie gut sind, oder sich nur über andere (Minderheiten) lustig machen? Oder bei Helga Hedi Denu (BgV e.V.), die aus ihrer Tätigkeit in der Beratung viel Wissen und Erfahrung mitbringt, etwas über Hormone, Neurodivergenz und Selbstermächtigung erfahren? Und dann gab es ja auch noch den Vortrag mit Workshop von Sam Sip aka Hades of Drag (Drag Artist) zur Entlarvung von politischen Narrativen. Thema war, wie Trans* Menschen und Drag Artists als Feindbilder aufgebaut und angegriffen werden und was das mit uns macht, die wir von den Auswirkungen dieser feindlichen Haltung betroffen sind.
Wir von MinaS haben uns jedenfalls für Ariel und ens Humorworkshop entschieden und wurden nicht enttäuscht.

Nach einer kurzen Pause ging es dann auch schon zum letzten Teil des Programms:
Im großen Saal gab es eine Podiumsdiskussion bei der Janka Kluge, Axel Schwaigert (Pfarrer der MCC-Gemeinde), Marie-Luisa Quolke (trans* Influencerin) und Alexander Häfner unter der Moderation von Tanja Gemeinhardt über ihre jeweiligen Erfahrungen mit Hass und Hetze im Internet, aber auch im „echten Leben“ und ihren Umgang damit berichteten. Gleichzeitig hatte sich spontan eine Person bereit erklärt, eine Gesprächsrunde zum Thema „Trans* und Sexarbeit“ für Sexworker*innen und Interessierte anzubieten. Dieses Angebot wurde sehr gerne angenommen und es kamen gute Gespräche zustande.
Endlich kamen auch Koi und Billy von MinaS mit ihrem Workshop „Wie (nicht-)binär ist trans*“ dran und aus den zunächst zwei Interessierten wurden schnell etwa zwanzig, so dass die Vorstellungsrunde etwas ausführlicher ausfiel und schon einige Erkenntnisse über Labels gewonnen wurden. Die 90 Minuten waren im Nu vorbei, wir hatten etwas über die Geschichte von TIN*-Menschen und Geschlechterschubladen erzählt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von binären und nichtbinären trans* Menschen aufgezeigt und immer wieder Begriffe und Informationen gemeinsam besprochen und diskutiert. Es war eine sehr schöne, offene Runde und wir bedauerten sehr, nicht mehr Zeit gehabt zu haben.

Nach der Verabschiedung durch den Mission TRANS* Vorstand begaben sich dann alle auf den Heimweg oder zum CSD-Neujahrsempfang in Bad Cannstatt.
An diesem ersten Trans* Fachtag haben wir viele tolle Menschen kennengelernt, ein paar Mitglieder von MinaS endlich mal persönlich getroffen und viele Eindrücke, Informationen und Anregungen mit nach Hause genommen.

Stellung­nahme zum Kabinetts­entwurf des Selbstbestimmungs­gesetzes (SBGG)

Selbstbestimmung, ja – Diskriminierung, nein!

Das Selbstbestimmungsgesetz ist inzwischen schon längst überfällig und wir freuen uns, dass der Entwurf es endlich bis zur Anhörung in den Familienausschuss geschafft hat.
Wir warten schon lange auf gesetzliche Regelungen, die trans*, inter*, nichtbinären, agender und allen weiteren nicht cis und/oder endo Menschen (TINA*) endlich ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben ermöglichen. Daher verfolgen wir die Entwicklungen rund um das SBGG sehr genau.

Leider haben es demokratie- und TINA*-feindliche Stimmen geschafft, Misstrauen in den Kabinettsentwurf zu bringen und Selbstbestimmung in Teilen und besonders für einige Gruppen komplett auszuschließen.

Das muss sich noch ändern und deshalb hat MinaS eine Stellungsnahme verfasst, mit den 7 Punkten, die unserer Meinung nach besonders wichtig sind, um die Diskriminierung im Gesetzentwurf zu vermindern:

Ihr könnt unsere Stellungnahme auch auf der Website vom Bundestag lesen:
https://www.bundestag.de/resource/blob/979268/dc7e415c1648661b0ee6b96865e3f35b/20-13-77hh.pdf

Intersektionale Solidarität – Disability und Mad Pride Bonn

Dieses Jahr fand am 19. August 2023 zum ersten Mal die Disability und Mad Pride Bonn statt. Organisiert wurde sie von einer kleinen Gruppe von Freiwilligen. Das Ziel: Menschen mit Behinderung sollen sichtbar sein, ihnen soll zugehört werden. Andere sollen darüber nachdenken, lernen was Ableismus ist und Allys im Kampf gegen Ableismus sein. Denn eine Behinderung ist nicht das Schlimmstmögliche oder macht mensch wertlos – Ableismus ist das Problem.
Mehr Infos zur Disability und Mad Pride Bonn gibt es hier: disability-pride-bonn.de/

MinaS gehört zu den Unterstützenden dieser Pride. Wir wollen unsere Kämpfe mit diesem intersektionalen Bündnis vereinen, beziehungsweise uns gegenseitig unterstützen. Denn unsere Ziele und Kämpfe überschneiden sich und außerdem: gemeinsam sind wir stark!
Wir sind solidarisch mit der Disability und Mad Pride Bonn und ihren Forderungen. Sie haben unsere volle intersektionale Solidarität!

Auf der Kundgebung am 19. August hat eins unserer Mitglieder ein Grußwort gehalten (Zur Info, die Person hat an dem Tag mehrfach geredet.):

Hi (nochmal) und diesmal als Teil von MinaS – Menschen im nichtbinären und agender Spektrum. Das ist eine Gruppe von Menschen, die weder komplett Mann bzw. männlich sind, noch komplett Frau bzw. weiblich. Manche haben kein Geschlecht. Oder Menschen, die einfach weder dem einen noch dem anderen zugeordnet werden wollen.

Von Anfang an war und ist eine intersektionale Betrachtung Teil unseres Selbstverständnisses. Was wir tun, schreiben und Infos die wir verbreiten sollen so vielen Menschen wie möglich zugänglich sein.

(Weil) zur Vielfalt des nichtbinären und agender Spektrums gehören behinderte, neurodivergente, chronisch kranke, psychisch kranke und taube Menschen dazu(gehören).

Es ist klar, dass wir nicht nur für Rechte von nichtbinären und agender Menschen einstehen und einstehen können. Ohne die Intersektion, das Zusammenwirken mit den anderen Teilen von Identität und dem was uns ausmacht mitzudenken fehlt etwas. Es ist klar, dass wir nur gleichberechtigte Teilhabe und die Einhaltung unserer Grund- und Menschenrecht erreichen, wenn das für uns alle Realität wird. Wenn alle Teile von dem was wir sind akzeptiert, respektiert und mit Würde behandelt werden. Denn die Würde des Menschen ist nur dann unantastbar, wenn das für alle gilt.

Deshalb freuen wir uns, dass wir heute euch unterstützen dürfen. Dass wir im Kampf um die Einhaltung der Menschenrechte von behinderten, neurodivergenten, chronisch kranken, psychisch kranken und tauben Menschen, sowie gegen Ableismus hinter euch und wo ihr möchtet neben euch stehen können.

Ihr habt unsere volle intersektionale Solidarität.


Gruppenfoto der Teilnehmer*innen an der Laufdemo der Disability und Mad Pride Bonn vor dem Bonner Rathaus. Zu sehen sind die Teilnehmer*innen, eine große Disability Pride Flagge, Demoschilder und Rikschas, außerdem das Rathaus.


Auf Englisch

Hi, I’m part of MinaS – people on the non-binary and agender spectrum. This is a group of people who are neither completely man or masculine, nor entirely woman or female. Some have no gender. Others simply don’t want to be classified as either one or the other.

From the very beginning, an intersectional perspective was and is part of our self-conception. What we do, write and the information we distribute should be accessible to as many people as possible.

(Because) the diversity of the non-binary and agender spectrum includes disabled, neurodivergent, chronically ill, mentally ill and Deaf people.

It is clear that we cannot only advocate for rights of non-binary and agender people without thinking about the intersections, the interworkings with other parts of identity and what makes us who we are. It is clear that we can only achieve equal participation and respect for our basic and human rights when this becomes a reality for all of us, when all parts of who we are are accepted, respected, and treated with dignity. Because human dignity is only inviolable when this applies to everyone.

That is why we are happy that we can support you today. That we can stand behind you, with you, and where you’d like us to, stand beside you in the fight for the respect of the human rights of disabled, neurodivergent, chronically ill, mentally ill and Deaf people, and against ableism. 

You have our full intersectional solidarity!


Foto der Laufdemo von vorne, mit Disability Pride Flagge.

In Einfacher Sprache:

Hallo noch mal. Ich bin in verschiedenen Gruppen aktiv. Jetzt spreche ich für MinaS. Das steht für „Menschen im nichtbinären und agender Spektrum“. Das sind Menschen, die nicht komplett ein Mann und nicht komplett eine Frau sind. Nichtbinäre Menschen sind sehr verschieden. Manche sagen: Ich bin ein Mann und eine Frau. Andere sagen: Ich habe gar kein Geschlecht. Das sind agender Personen. 

Uns war schon immer klar: Wir kämpfen gegen jede Diskriminierung. Wir denken immer Menschen, die andere Erfahrungen machen als wir selber, mit. 

Weil auch Menschen, die nichtbinär und / oder agender sind behindert, neurodivergent, krank und taub sein können.

Darum ist uns klar: Wir stehen nicht nur für die Rechte nichtbinärer und agender Menschen ein. Das geht nicht ohne Rechte und Freiheit für alle. Wir unterstützen die Disability Pride Bonn. Ihr kämpft vor allem für behinderte, kranke, Taube und neurodivergente Menschen. Aber Ihr denkt auch andere Erfahrungen mit. 

Wir finden es toll, dass es Euch gibt! 

Danke, liebes Disability und Mad Pride Bonn Team, für die Übersetzung.

Endlich ein Selbst­be­stimmungs­gesetz!?

Viele von uns waren erleichtert als endlich ein Entwurf kam, auch wir! Leider bleibt er an einigen Stellen hinter seiner im Namen enthaltenen Selbstbestimmung zurück. Damit der Entwurf und dann später auch das Gesetz, die Interessen von Menschen im nichtbinären und agender Spektrum berücksichtigt, haben zahlreiche Personen von MinaS unter Mitwirkung von Eli Kappo in den letzten Wochen gemeinsam an der offiziellen Stellungnahme von MinaS zum SBGG-Entwurf der Regierung gearbeitet. Diese stellen wir euch heute hier vor:

Wenn ihr auf „MinaS Stellungnahme zum SBGG“ klickt, öffnet sich die PDF. Wenn ihr per Rechtsklick die entsprechende Option auswählt, öffnet sich die PDF in einem neuen Tab.